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Selbsttest: im Rollstuhl unterwegs im Zürcher ÖV 

Im Rollstuhl mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Zürich von A nach B. Gar nicht so einfach. Der Selbstversuch entlarvt die Tücken und hält wertvolle Tipps bereit.

Ratgeber

Ein Mann im Rollstuhl vor einem Zürcher Tram.

Wer sich in der Stadt Zürich mit dem ÖV fortbewegt, kommt meist schneller ans Ziel als mit dem Auto. Und dank der Barrierefreiheit soll dies bereits in naher Zukunft auch für Betagte und Menschen mit einer Behinderung gelten. Bis Ende 2023 – das sind noch etwas mehr als zwei Jahre – soll die Barrierefreiheit im gesamten ÖV der Schweiz gewährleistet sein. Doch wie siehts heute aus? Ein Blick auf Zürich.

Für unser Beispiel vergleichen wir heute eine Person, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, sich jedoch selbständig informieren und – die richtige Infrastruktur vorausgesetzt – fortbewegen kann, mit einer Person ohne Einschränkungen. Die Strecke führt in unserem Beispiel vom Zoo Zürich zum Opernhaus und schliesslich ins Zentrum von Zürich Altstetten zur Haltestelle Lindenplatz.

Ganz easy

Also los. Als Mensch ohne eingeschränkte Mobilität gebe ich meine Ziele nun bei Google Maps ein: mit dem Tram 6 bis zur Haltestelle Kirche Fluntern, dann umsteigen auf die 5 und bis zum Bellevue. Von hier sinds nur wenige Minuten zu Fuss bis zum Opernhaus, und anschliessend kann ich wiederum am Bellevue ins Tram 2 einsteigen und direkt nach Zürich Altstetten zur Haltestelle Lindenplatz fahren. Für die erste Etappe zum Bellevue brauche ich dabei 16 Minuten und muss einmal umsteigen. Für die zweite Etappe nach Altstetten brauchts 22 Minuten, umsteigen muss ich nicht.

Ist doch easy, oder? Aber nicht für unsere Versuchsperson im Rollstuhl! Schon ein Blick auf den Niederflur-Netzplan der Stadt Zürich offenbart einige Hindernisse. Die Haltestelle Kirche Fluntern ist nicht rollstuhlgängig, gleiches gilt für die Trams der Linie 5 sowie für die Haltestelle Lindenplatz in Altstetten. Zurück auf Feld eins also.

Alternative Routen

Diesmal öffnen wir aber nicht Google Maps, sondern den ZVV-Online-Fahrplan. Im Gegensatz zu Google haben die Zürcher hier die Möglichkeit integriert, nur nach barrierefreien Verbindungen zu suchen. Und siehe da: Es ist machbar. Vom Zoo schlägt der ZVV ein Niederflurtram der Linie 6 vor – normalerweise ist jedes zweite eingesetzte Tram dieser Linie mit Niederflureinstiegen ausgestattet.

Damit fahren wir jetzt nicht nur bis zur Kirche Fluntern, sondern weiter bis zur Haltestelle ETH/Universitätsklinik, wo wir auf ein Tram der Linie 9 umsteigen und zum Bellevue fahren. Anstatt 16 Minuten benötigen wir nun deren 22 – sofern wir jeweils gerade das niederflurige Tram erwischen. Wenn nicht, heissts warten.

Auch für die zweite Etappe hält der Online-Fahrplan eine Option bereit. Statt direkt mit dem Tram der Linie 2 fahren wir mit jenem der Linie 4 zum Bahnhof Altstetten (auch hier sollte jedes zweite Tram niederflurige Einstiege haben). Dort unterqueren wir die Geleise durch die Unterführung – Lifte machen es möglich – und versuchen den fünf Minuten später abfahrenden 80er-Bus bis zur Haltestelle Lindenplatz zu erwischen. Haben wir den Bus erreicht und hat auch alles andere nach Plan funktioniert, kommen wir nach 33 Minuten an unserer Destination an – 11 Minuten oder 50% länger als eine Person ohne Einschränkungen brauchen wir für diese zweite Etappe.

Schwierige Aufgabe

Natürlich ist dies nur ein Beispiel von vielen, und natürlich haben wir zu Demonstrationszwecken nicht die einfachste Verbindung ausgewählt – und doch zeigt dieses Beispiel schon einiges auf:

  • Die Barrierefreiheit im ÖV der Stadt Zürich ist wirklich schon relativ weit. Auch Ziele, die auf den ersten Blick nicht erreichbar scheinen, können mit Alternativrouten meist erreicht werden.
  • Eine Person im Rollstuhl muss nicht nur besser planen, sondern auch deutlich mehr Zeit einrechnen als eine Person, die in ihrer Mobilität nicht eingeschränkt ist.
  • Der ZVV-Online-Fahrplan hilft beim Suchen nach barrierefreien Verbindungen.
  • Wer keinen Zugang zum Internet hat oder sich damit nicht auskennt, muss sich mit den komplizierten und unübersichtlichen Netz-Plänen auf Papier auseinandersetzen – oder beim ZVV.

Gerade für Menschen mit einer Behinderung, die sich im Internet nicht auskennen – beispielsweise ältere Menschen –, wird ein kleiner Ausflug mit den öffentlichen Verkehrsmitteln schnell zur organisatorischen Grossaufgabe. Liegt das Ziel für die in ihrer Mobilität eingeschränkte Person zudem ausserhalb der machbaren Distanz zur nächsten ÖV-Haltestelle, wird aus einer schwierigen Aufgabe eine unlösbare.

Angebote ergänzen

Hier kommt TIXI ins Spiel. Seit 1983 verhelfen wir als gemeinnütziger Verein Menschen mit einer Behinderung zu mehr Mobilität – sei es für den Weg zur Arbeit, für die Fahrt zum Arzt oder einen erholsamen Ausflug. Unser Angebot soll dabei die Bemühungen hin zu mehr Barrierefreiheit keineswegs konkurrieren. Vielmehr ergänzt TIXI das Angebot des öffentlichen Verkehrs und bietet auch Möglichkeiten für Menschen, die trotz der bisher gemachten Fortschritte punkto Barrierefreiheit in der Schweiz und in Zürich auf einen individuellen Fahrdienst angewiesen sind.

Die VBZ führt TIXI Zürich als Fahrdienst auf der entsprechenden Internetseite zum Thema Hindernisfrei Reisen auf:  Stadt Zürich: Hindernisfrei Reisen

Möglich machen diesen Fahrdienst unsere freiwilligen Fahrer und Fahrerinnen sowie die grosszügigen Spenderinnen und Spender.

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